BAföG in Deutschland: Finanzielle Förderung für Studierende und Schüler erklärt
Das BAföG ist die staatliche Hilfe für Studierende (50% Zuschuss, 50% zinsloses Darlehen). Dank Reformen mit höheren Elternfreibeträgen haben nun deutlich mehr Familien Anspruch.

Deutschland ist ein Land, das seinen Wohlstand auf Bildung und Fachwissen gründet. Der Zugang zu Universitäten und qualifizierenden Schulen soll, so das politische Versprechen, nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen. Doch die Realität sieht oft anders aus: Steigende Mieten in Universitätsstädten, Lebenshaltungskosten und teure Lernmaterialien stellen für viele junge Menschen eine immense finanzielle Hürde dar.
Die Sorge, das Studium nicht finanzieren zu können oder es nur mit erdrückender Doppelbelastung durch einen Nebenjob zu schaffen, ist weit verbreitet. Viele fragen sich: Ist ein Studium für mich überhaupt realistisch?
Genau hier setzt das Bundesausbildungsförderungsgesetz, kurz BAföG, an. Es ist das zentrale staatliche Instrument zur Finanzierungsförderung in Deutschland. Seit seiner Einführung 1971 hat es Millionen von Menschen ein Studium oder eine weiterführende Schulausbildung ermöglicht.
In den letzten Jahren, insbesondere 2022 und 2024, wurde das BAföG umfassend reformiert („BAföG-Änderungsgesetze“), um es an die gestiegenen Lebenshaltungskosten anzupassen und den Kreis der Berechtigten massiv zu erweitern. Das BAföG 2025 ist daher so relevant wie nie zuvor – es zu verstehen, ist der erste Schritt in eine finanziell abgesicherte Ausbildung.
Was ist das BAföG? Die Grundlagen erklärt
Die Abkürzung „BAföG“ steht für das Bundesausbildungsförderungsgesetz. Es regelt die staatliche Unterstützung für die Ausbildung von Schülern und Studierenden in Deutschland. Das Ziel ist die Herstellung von Chancengleichheit.
Die wichtigste Grundregel, die jeder kennen muss, betrifft die Art der Förderung für Studierende an Hochschulen und Akademien:
Die 50/50-Regel: Hälfte geschenkt, Hälfte zinsloses Darlehen
Das BAföG für Studierende ist keine reine Sozialleistung, aber auch kein normaler Kredit. Es ist eine Mischform: In der Regel besteht die Förderung zu 50 Prozent aus einem Zuschuss (geschenktes Geld vom Staat) und zu 50 Prozent aus einem zinslosen Darlehen. Diese 50/50-Teilung macht das BAföG zu einer der fairsten und günstigsten Studienfinanzierungen weltweit.
Der große Unterschied: Studenten-BAföG vs. Schüler-BAföG
Was viele nicht wissen: Die 50/50-Regel gilt primär für Studierende. Für Schülerinnen und Schüler sieht die Förderung oft noch besser aus.
Studenten-BAföG (Hochschulen, Universitäten, Fachhochschulen):
Hier gilt das 50/50-Prinzip. Der monatliche Betrag (der „Bedarfssatz“) wird zur Hälfte als Zuschuss und zur Hälfte als zinsloses Darlehen ausgezahlt. Die Rückzahlung ist streng geregelt und sozial abgefedert.
Schüler-BAföG (z.B. Berufsfachschulen, Gymnasiale Oberstufe):
In den meisten Fällen wird das Schüler-BAföG als Vollzuschuss gewährt. Das bedeutet: Das erhaltene Geld muss nicht zurückgezahlt werden. Dies gilt zum Beispiel für den Besuch von Berufsfachschulen oder, unter bestimmten Voraussetzungen (z.B. wenn eine auswärtige Unterbringung notwendig ist), auch für den Besuch der gymnasialen Oberstufe.
Warum ist das wichtig in Deutschland? Das Prinzip der „Nachrangigkeit“
Das deutsche Gesetz geht grundsätzlich davon aus, dass die Eltern für die Ausbildung ihrer Kinder unterhaltspflichtig sind. Das BAföG funktioniert nach dem Prinzip der „Nachrangigkeit“.
Das bedeutet: Der Staat springt dann ein, wenn die Eltern (und der Studierende selbst oder der Ehepartner) die Ausbildung finanziell nicht im erforderlichen Maße stemmen können. Deshalb ist die BAföG-Berechnung untrennbar mit dem Einkommen der Eltern verbunden.
Die jüngsten BAföG-Reformen (z.B. 2022/2024)
Die Realität hat gezeigt, dass die alten BAföG-Regeln zu starr waren. Die Einkommensgrenzen für Eltern waren zu niedrig, und die Bedarfssätze reichten nicht aus, um die Mieten in teuren Städten zu decken.
Der Gesetzgeber hat reagiert und wichtige Anpassungen vorgenommen, die 2025 voll greifen:
- Anhebung der Eltern-Freibeträge: Die Beträge, die Eltern verdienen dürfen, ohne dass es das BAföG der Kinder kürzt, wurden massiv angehoben. Viel mehr Studierende aus der „mittleren“ Einkommensschicht haben nun Anspruch.
- Erhöhung der Bedarfssätze: Der monatliche Höchstbetrag (Grundbedarf + Wohnpauschale) wurde deutlich erhöht, um die Inflation und hohe Wohnkosten abzufedern.
- Anhebung der Altersgrenze: Die Altersgrenze für den Beginn eines Studiums wurde auf 45 Jahre angehoben, was lebenslanges Lernen fördert.
- Höhere Vermögensfreibeträge: Studierende dürfen mehr eigenes Geld besitzen (z.B. 15.000 Euro für unter 30-Jährige), ohne dass es angerechnet wird.
- Studieneinstiegshilfe: Als neue Leistung wurde eine einmalige „Studieneinstiegshilfe“ (z.B. 1.000 Euro) für Studierende aus einkommensschwachen Haushalten (z.B. Bürgergeld-Bezug) eingeführt.

Strategien oder praktische Schritte: Der Weg zum BAföG
Der BAföG-Antrag gilt als bürokratisches Monster. Er ist komplex, aber machbar, wenn man systematisch vorgeht.
Schritt 1: Die grundsätzliche Förderfähigkeit prüfen
Wer kann überhaupt einen Antrag stellen? Die wichtigsten Kriterien:
- Staatsangehörigkeit: Deutsche Staatsbürger, aber auch EU-Bürger mit Daueraufenthaltsrecht sowie bestimmte andere Migrantengruppen (z.B. anerkannte Flüchtlinge).
- Alter: Bei Studienbeginn in der Regel unter 45 Jahren (Ausnahmen möglich).
- Ausbildung: Es muss sich um die erste förderfähige Ausbildung handeln (z.B. Bachelor, und darauf aufbauend der Master). Ein zweites Studium wird nur in seltenen Ausnahmefällen gefördert.
Schritt 2: Die Berechnung verstehen (Einkommen und Vermögen)
Die Höhe des BAföG hängt von einer simplen Formel ab: Bedarf minus anrechenbares Einkommen/Vermögen.
1. Der Bedarf (Was brauche ich?)
Der Staat legt einen „Bedarfssatz“ fest. Dieser besteht 2025 aus dem Grundbedarf, einem Zuschlag für die Wohnkosten (unterschiedlich, je nachdem ob man bei den Eltern wohnt oder nicht) und ggf. einem Zuschlag für Kranken- und Pflegeversicherung.
2. Das Einkommen der Eltern (Was können sie beisteuern?)
Das Amt prüft das Bruttoeinkommen der Eltern aus dem vorletzten Kalenderjahr. Von diesem Einkommen werden pauschale Freibeträge abgezogen (für Steuern, Sozialabgaben, für die Eltern selbst und für weitere unterhaltspflichtige Geschwister). Nur was dann übrig bleibt, wird anteilig auf das BAföG angerechnet.
3. Das eigene Einkommen und Vermögen (Was habe ich selbst?)
Eigenes Vermögen (Geld auf dem Konto, Aktien etc.) wird angerechnet, sofern es die hohen Freibeträge (z.B. 15.000 Euro) übersteigt.
Eigenes Einkommen aus Nebenjobs wird ebenfalls berücksichtigt. Hier gibt es jedoch einen wichtigen Freibetrag: Ein „Minijob“ (bis 538 Euro pro Monat im Durchschnitt) bleibt in der Regel vollständig anrechnungsfrei.
Schritt 3: Der Antrag (Wann und Wo?)
Wo? Für Studierende ist das zuständige Studierendenwerk (oder „Studentenwerk“) des Hochschulortes zuständig. Für Schüler ist es das kommunale „Amt für Ausbildungsförderung“ am Wohnsitz der Eltern.
Wann? So früh wie möglich! BAföG wird nicht rückwirkend gezahlt, sondern frühestens ab dem Monat, in dem der Antrag beim Amt eingeht. Wer im Oktober das Studium beginnt, sollte den Antrag idealerweise schon im Juli oder August stellen, um pünktlich Geld zu erhalten.
Wichtig: Der Leistungsnachweis
Wer BAföG bezieht, muss dem Amt nach dem 4. Fachsemester nachweisen, dass er die „üblichen Leistungen“ erbracht hat (meist durch eine Bescheinigung der Hochschule). Wer „bummelt“, riskiert den Verlust der Förderung.
Sonderfall: Elternunabhängiges BAföG
In bestimmten Fällen spielt das Einkommen der Eltern keine Rolle. Dies ist ein enormer Vorteil und führt meist zur Zahlung des BAföG-Höchstsatzes. Die häufigsten Gründe:
- Der Studierende ist bei Studienbeginn bereits über 30 Jahre alt.
- Der Studierende war zwischen seinem 18. Geburtstag und Studienbeginn mindestens 5 Jahre erwerbstätig.
- Der Studierende hat eine 3-jährige Ausbildung (oder länger) abgeschlossen und danach mindestens 3 Jahre gearbeitet (die sogenannte „3+3-Regel“).
Vorteile und Risiken: Was spricht für das BAföG?
Die Entscheidung für das BAföG ist oft eine Abwägung zwischen finanzieller Freiheit und zukünftigen Verpflichtungen.
Vorteile
- Fokus auf das Studium: BAföG soll sicherstellen, dass Studierende sich auf ihr Studium konzentrieren können, anstatt übermäßig viel Zeit für Nebenjobs aufwenden zu müssen.
- Das 50% Geschenk: Die Hälfte der Förderung muss nie zurückgezahlt werden. Dies ist ein unschlagbarer Vorteil.
- Zinsloses Darlehen: Die Darlehenshälfte ist während des Studiums und der Rückzahlungsphase komplett zinsfrei. Bei der aktuellen Inflation ist dies fast ein „Minus-Zins-Geschäft“.
- Der Schuldendeckel (Maximal-Schulden): Die Rückzahlungsschuld für das Darlehen ist auf maximal 10.010 Euro begrenzt. Selbst wer 50.000 Euro BAföG erhalten hat (davon 25.000 Euro Darlehen), muss nur 10.010 Euro zurückzahlen.
- Soziale Rückzahlung: Die Rückzahlung beginnt erst 5 Jahre nach Ende der Regelstudienzeit. Wer dann nur wenig verdient, kann auf Antrag von den Raten freigestellt werden.
- Schüler-BAföG als Vollzuschuss: Für viele Schüler ist es ein reines Geschenk ohne Rückzahlung.
Nachteile und Risiken
- Der „Antragsdschungel“: Der bürokratische Aufwand ist hoch, erfordert viele Dokumente der Eltern und muss jedes Jahr (im Bewilligungszeitraum) neu gestellt werden.
- Psychologische Schuldenlast: Auch wenn 10.010 Euro ein fairer Deckel sind – es sind Schulden, die den Start ins Berufsleben für manche mental belasten.
- Abhängigkeit vom Elterneinkommen: Die größte Konfliktquelle. Verdienen Eltern „zu viel“, entfällt der Anspruch. Sind die Eltern aber nicht bereit, den gesetzlichen Unterhalt zu zahlen, entsteht eine Finanzierungslücke (hier kann ein „Antrag auf Vorausleistung“ helfen).
- Bindung an die Regelstudienzeit: Die Förderung endet mit der Regelstudienzeit. Verzögerungen im Studium (z.B. durch nicht bestandene Prüfungen) werden nur bei triftigen Gründen (Krankheit, Schwangerschaft, Gremienarbeit) finanziell toleriert.
Praxisbeispiele oder Szenarien
Wie wirkt sich das BAföG 2025 in der Praxis aus?
Szenario 1: Die Studentin in der eigenen Wohnung
Anna studiert in Berlin (hohe Miete). Sie wohnt nicht mehr bei den Eltern. Ihre Eltern verdienen zusammen ein mittleres Einkommen. Dank der neuen, hohen Freibeträge sind sie nicht mehr „zu reich“ für das BAföG. Anna hat kein eigenes Vermögen. Sie erhält einen BAföG-Teilbetrag von 450 Euro pro Monat. Davon sind 225 Euro ein Geschenk und 225 Euro ein zinsloses Darlehen.
Szenario 2: Der Schüler im Internat
Tim besucht die 11. Klasse eines Gymnasiums. Da seine Eltern in einem Dorf ohne Oberstufe leben, muss er in einem Internat wohnen. Seine Eltern haben ein geringes Einkommen. Tim beantragt Schüler-BAföG für die auswärtige Unterbringung. Er erhält 750 Euro pro Monat als Vollzuschuss. Er muss nichts davon zurückzahlen.
Szenario 3: Der Master-Student mit Erspartem
Jonas (24) beginnt seinen Master. Er hat im Bachelor-Studium gearbeitet und 12.000 Euro gespart. Seine Eltern sind Geringverdiener. Er hat Anspruch auf den BAföG-Höchstsatz (z.B. 934 Euro). Sein Vermögen von 12.000 Euro liegt unter dem neuen Freibetrag von 15.000 Euro und wird daher nicht angerechnet. Er erhält die volle Förderung.
Szenario 4: Das elternunabhängige BAföG
Sarah (29) hat eine Ausbildung zur Bankkauffrau gemacht und 4 Jahre in Vollzeit gearbeitet. Jetzt beginnt sie ein BWL-Studium. Das Einkommen ihrer Eltern ist irrelevant. Sie beantragt elternunabhängiges BAföG und erhält den Höchstsatz (z.B. 934 Euro), unabhängig davon, wie viel ihre Eltern verdienen. Ihre Gesamtschuld wird später auf 10.010 Euro gedeckelt.
Das BAföG ist und bleibt der wichtigste Pfeiler der staatlichen Studienfinanzierung in Deutschland. Es ist ein Vertrag zwischen dem Staat und der jungen Generation: Der Staat investiert in Köpfe, um zukünftige Fachkräfte zu sichern, und die Geförderten geben einen fairen, begrenzten Anteil zurück, sobald sie wirtschaftlich auf eigenen Beinen stehen.
Die jüngsten Reformen haben die Tür für Hunderttausende neue Antragsteller geöffnet. Der bürokratische Aufwand des Antrags ist real, doch der finanzielle Nutzen ist ungleich höher. Das 50/50-Modell, kombiniert mit dem Schulden-Deckel von 10.010 Euro, ist jedem kommerziellen Studienkredit vorzuziehen. Sich mit dem BAföG auseinanderzusetzen, ist für jeden angehenden Studierenden und Schüler in Deutschland ein unverzichtbarer Schritt zur finanziellen Absicherung der eigenen Zukunft.



